Das Hermann-Ehlers-Symposium

Die politische Verbindung

Nach den Worten unseres lieben Bundesbruders Haas ist der VVDSt “die politische Verbindung”. Erhebt man einen solchen Anspruch, muss man darauf auch Taten folgen lassen. So kam es, dass nach dem ersten Hermann-Ehlers-Symposium in Berlin im vergangenen Jahr, nun das zweite in Aachen abgehalten wurde. Organisiert durch die VDSt-Akademie und die Ferdinand-Friedensburg-Stiftung, stand dieses unter dem Thema “Europa zwischen Trump, Putin – und Xi”.

Für die Dresdner Abordnung begann die Reise an einem sonnigen, wenn auch kalten, Donnerstagmittag mit fünf Vertretern in Richtung Kaiserpfalz. Nach einer amüsanten, aber glücklicherweise Ereignislosen Fahrt, erreichten wir den Ort des Geschehens zum späten Abend hin und machten uns mit den Lokalitäten und anderen Teilnehmern bekannt. Als erstes im Tagungshotel und später zum offiziellen Empfang auf dem, nach wie vor prächtigen, Haus des VDSt Aachen-Breslau II. Kaum eine Stärkung im Magen und ein erfrischendes Getränk in der Hand, wurde uns unsere Reisedauer aber schon zum Verhängnis, da sich der Empfang in der Nizzaallee recht früh auflöste. Den Bewegungsdrang aber immer noch in den Knochen, beschlossen wir kurzer Hand die Aachener Kultur und ihre Anhänger zu inspizieren. Wie schon zur Verbandstagung 2016 kennengelernt, wurde man vielerorts äußerst gastfreundlich empfangen und verbrachte zusammen mit Farben- und Bundesbrüdern aus ganz Deutschland einen schönen Abend. Schlussendlich meldete sich dann auch die Vernunft und wir machten uns zum Tagungshotel “Innside” auf um uns für die kommende Tage auszuschlafen. Schließlich sollten diese von hochkarätigen Vorträgen, Arbeitsgruppen und diversen anderen Programmpunkten gefüllt sein und nachdem jeder noch geschwind was zwischen die Zähne bekommen hatte, machten wir uns auf ins Bett.

Die Kaiserpfalz

Am nächsten Morgen machten wir uns nach einem kurzen Frühstück auf in die Altstadt Aachens um den historischen Gebäuden, insbesondere dem Aachener Dom, näher auf den Zahn zu fühlen. Die Einteilung in zwei kleinere Gruppen war dabei eine willkommene Abwechslung zu den gewohnten Stadtführungen, da man so mehr Zeit hatte, sich mit den einzelnen uralten Bauwerken zu befassen. Zum Nachmittag kamen wir dann wieder zusammen um Professors Kerner (Historiker, RWTH Aachen) gespannt beim Colloquium “Zu Gast im Imperium Romanum bei Karl dem Großen persönlich” Zu lauschen. Neben dem zu erwartenden historischen Abriss zu Karl dem Großen erfuhren wir auch viel über die langwierige Geschichte der Kaiserpfalz.

Zum Abend hin kam man dann erneut auf dem Haus zusammen um den politischen Teil der Tagung einzuläuten. Nach kurzen Grußworten unseres Verbandsvorsitzenden Theodor Haas und einer thematischen Einführung durch André Richter und Detlef Hansen kamen wir dann zum ersten Vortrag der Tagung.

Das Unbekannte im Osten

Dieser wird mir durch seine Umstände und Umsetzung noch einige Zeit in Erinnerung bleiben. Gehalten wurde er von Bundesbruder Heino Wiese. Einem VDSter und (Alt-)Sozialdemokraten wie er im Buche steht. Bedingt durch ein Leiden in seinen Knien verbrachte dieser den Vortrag in einem hohen Chargenstuhl und vermittelte so eine geradezu familiäre Atmosphäre. Im Rahmen seiner persönlichen Lebensgeschichte berichtete er uns von der Bedeutung der Deutsch(Europäisch)-Russischen Beziehung. Aufgewachsen in Hannover, studiert und beigetreten beim VDSt Göttingen erfuhr er nach Beendigung seines Studiums einige Dämpfer, schließlich gab es damals alles andere als einen Lehrermangel. Nach kurzen Intermezzos in verschiedenen Berufen, kam er dann auf das Angebot seines Genossens und Skatkumpanen Gerhard Schröder zurück, und begann seine Arbeit bei der SPD Niedersachsen. Trotz anfänglicher Bedenken, ob seines politischen Wissens war er in der Lage sich durchzusetzen und stieg in den kommenden Jahren weiter in der SPD auf. Sein Engagement in der SPD fand ihren Höhepunkt als er 1998 in den Bundestag gewählt wurde. Dort verbrachte er den größten Teil seiner Zeit im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Bei der Wahl 2002 verlor er sein Mandat und machte sich auf die Suche nach einer neuen Beschäftigung. Diese fand er bei der Modemarke “s. Oliver” für die er als Exportdirektor neue Wege in unerschlossenes Terrain ebnete, darunter die Türkei, China und Russland. Dieser Trend bleibt danach bis zur heutigen Zeit ersichtlich und so engagiert er sich immer noch für die Interessen “fremder” Staaten in Deutschland, darunter inzwischen in auch Aserbaidschan und die arabische Halbinsel. Dies aber nur als ein kleiner Exkurs in den Vortrag von Bundesbruder Wiese. Wer genaueres erfahren will, dem sei wie bei den anderen Vorträgen auch, ein Blick in den Tagungsband des zweiten HES wärmstens empfohlen. Nach Ende des Vortrages und einer langen Fragerunde, sowie vielen Gesprächen neigte sich der Abend dann auch schon zum Ende zu und ich nutzte die Zeit um mit Bundesbruder Steinke alte Bekanntschaften in Aachen zu pflegen, aber auch dieser Abend sollte irgendwann ein Ende finden und so fanden wir uns zu später Stunde wieder im Hotel ein, um uns für den kommenden Tag auszuruhen, immerhin sollte dieser das Kernprogramm der Tagung beinhalten.

The Donald

Frisch gestärkt mit Kaffee und Frühstück, fanden sich dann die Teilnehmer in den Tagungsräumlichkeiten ein, um dem nächsten Vortrag zu lauschen.

An der Reihe war nun Ansgar Graw. Politikwissenschaftler und seit Mitte der 1980er Auslandskorrespondent in Afrika, wo er sich bei der Berichterstattung über politische Gefangene in Sambia und Angola einen Namen machte. Über einige Umwege fand er dann 2009 seinen Weg in die Vereinigten Staaten, aus denen er als Senior Political Correspondent für die WELT arbeitete. Seit 9 Jahren also am Puls der Politik in Washington D.C. sollte er im Rahmen seines Vortrags die “neue” Situation der USA beleuchten, in deren Folge innenpolitische Entscheidungen das Weltbild prägen. Unerwähnt konnte in diesem Referat natürlich auch nicht Donald Trump bleiben, der als Schlüsselfigur der nordamerikanischen Politik eine enorme Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung der Entwicklung beisteuerte. Ansgar Graw hielt seine Präsentation sehr sachlich und schaffte es gekonnt seine Erfahrungen als Korrespondent einfliessen zu lassen. So erzählte zum Beispiel von seiner letzten Presserunde in Washington, bei einem Staatsempfang für unsere Bundeskanzlerin im Weißen Haus, bei der er eine der Wenigen, aber sehr begehrten Fragen stellen durfte. Inzwischen zog ihn seine Karriere aber wieder nach Deutschland, wo er nun für die WELT den Posten des Chefreporters im Ressort “Innenpolitik” bekleidet.

The End of History

Im Anschluss folgte dann der Vortrag von Professor Michael Stürmer, der an dieser Stelle eigentlich keiner weiteren Vorstellung mehr bedarf. Geboren 1938 in Kassel, Inhaber der Professur für Mittlere und Neue Geschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg für über dreißig Jahre, außenpolitischer Berater für Helmut Kohl und maßgeblich beteiligt am Historikerstreit 1986 ist er nun schon selbst fast Teil der Geschichte geworden (im positivsten Sinne), die er so lange untersuchte. Im Rahmen des VVDSt-KV trat er schon im vergangenen Herbst in Berlin auf, bei einem Vortrag, der noch vielen Teilnehmern ein Jahr später ein Begriff war. In Aachen griff er das Leitthema gekonnt auf und referierte unter der offenen Frage: “Die Welt im Umbruch: Wo geht die Reise hin?” auf eine Art und Weise, wie ich sie als junger Aktive in den Hörsälen einer inzwischen vergangenen Zeit erwarten würde. Ohne Powerpoint, Skript oder Whiteboard stellte er sich vor einen Saal wissbegieriger Zuhörer und erzählte von dem Ende des kalten Krieges. Aufhänger war für ihn dabei Francis Fukuyamas End of history nach der die Welt mit dem Fall des eisernen Vorhangs ihre endgültige Entwicklung in Form von Marktwirtschaft und Demokratie für alle Nationen erreicht hatte. In den folgenden Minuten berichtete er über die polarisierte Weltordnung bis in die 1990er hinein, die er auf makabere Art und Weise als angenehm beschrieb. In einer Welt geprägt durch Konzepte wie MAD und einer obendrein klaren Einteilung in “Gut und Böse” war die Arbeit eines Politikwissenschaftlers eben auch ein bisschen leichter und er stellte die These auf, dass das Ende des Kalten Krieges durchaus das Finale einer Epoche darstelle, wir nun aber in eine neue Weltordnung gestartet sind, die sicht nicht mehr durch Schubladendenken beschreiben lässt. Schließlich wurde nun die Bühne geöffnet für neue Darsteller und an Stelle der Alten rücken nun neue globale Mächte dazu. Zum einen Europa, zum anderen aber auch die geballte wirtschaftliche Macht der Volksrepublik China. Professor Stürmer schaffte in den Zuhörern sehr erfolgreich ein Bewusstsein für europas größte Fragestellung “Wie und mit wem?” und entließ sie, gleich seinen früheren Studenten in die Mittagspause.

Der Politische Salon

Nach einem üppigen Büffet widmete man sich dann wieder der Arbeit und es folgte der Politische Salon unter Bundesbrüdern. Eröffnet wurde dieser durch Bundesbruder und Hamburger Pavel Ustov, der seiner Zeit in St. Petersburg aufwuchs und dann seinen Weg nach Deutschland fand. Gut vorbereitet und unter persönlicher Relevanz präsentierte er dann den Kurzvortrag „Europäische Nachbarschaftspolitik: östliche Partnerschaft zwischen Interessen und Menschenrechten“. Darauf folgte dann ein Vortrag durch ebenfalls Bundesbruder und Hamburger Daniel Eberhard, der an Hand seiner Zeit und Recherchen in den USA über das Thema “Weltpolizist und Schulhofschläger – eine kurze Geschichte amerikanischer Außenpolitik” referierte. Abgerundet wurde dieser Vortrag dann durch Bundesbruder Marian Ehret, mit dem Blick gen Osten im Rahmen des Themas “Ökonomische und gesellschaftliche Herausforderungen aus Asien”. Kern seines Vortrags war der Bezug zu Oswald Spenglers “Der Untergang des Abendlandes”.

Durch die Vorträge für die verschiedenen Themen aktiviert, fand man sich dann in Arbeitsgruppen zusammen um diese Auszuwerten. Für meinen Teil fand ich mich bei Bundesbruder Eberhard ein, wo es mit Hilfe von ausgesprochen vielen Zeitungsartikeln die Amerikanische Außenpolitik galt. Dies Geschah über die Auffächerung in verschiedene Beziehungen so zum Beispiel zu Europa, China und Russland. Mit den Ergebnissen unsere Zeitungsausschnitte war dann die folgende Aufgabe die verschiedenen Beziehungen auf einem Achsendiagramm einzuordnen. Die Beschriftungs war dabei unterteilt in gut für die USA und gut für Donald Trump.

Alles beim Alten

Nach der anschließenden Vorstellung der Ergebnisse wurde dann der inhaltliche Teil der Tagung zum Abend hin für beendet erklärt und man fand sich kurze Zeit später in einem Brauhaus der Altstadt zusammen, wo wir mit einem kühlen Bier in der Hand Bundesbruder Thies Zielrede “Auf den Spuren von Hermann Ehlers: Der VDSt im Bundestag” lauschten. Da Bundesbruder Thies an dem Abend aber kurzfristig verhindert wurde, wahrscheinlich durch seine Pflichten als Bundestagsabgeordneter, hielt André Richter diese an seiner Stelle und so ging in einem prall gefüllten Wirtshaus weit westlich des Rheins der letzte Abend der Tagung zu Ende.

Ganz vorbei sollte die Tagung aber noch nicht sein und so traf man sich noch einmal am Sonntagmorgen auf dem Haus des Aachener VDSt, wo eine kurzes Resümee der letzten Tage gehalten wurde, natürlich ergänzt um die gute, alte Tagungskritik. Für die Dresdner Abordnung jedoch sollte der Vormittag nicht lang werden, schließlich hatten wir wieder eine stolze Strecke vor uns. Die Impulse der Tagung noch immer im Kopf, kamen wir dann Abends leicht erschöpft, aber hoffentlich schlauer wieder in der Westendstraße an und mussten uns auf kurz oder lang wieder dem Alltag widmen.

Bevor ich meine Ausführungen aber beende, möchte ich mich noch einmal vollen Herzens bei der Leitung der VDSt-Akademie, der Ferdinand-Friedensburg-Stiftung und insbesondere bei dem VDSt Aachen-Breslau II für eine sehr erfolgreiche und eindrucksvolle Tagung bedanken! Bis zum nächsten Jahr in Halle. (DH)